Was ist komplex? Was ist einfach?

Um zu verstehen, was komplex ist, ist es hilfreich, zunächst einmal den Begriff kompliziert zu definieren. Ein Motor oder eine mathematische Gleichung kann kompliziert sein. Wir erkennen nicht sofort, wie der Motor funktioniert oder – falls defekt – warum er eben nicht funktioniert. Ebenso wenig können wir nicht ohne Weiteres das Ergebnis einer mathematischen Gleichung lösen. Sie ist kompliziert (nicht komplex!). Die Funktionsweise des Motors und das Ergebnis der Gleichung sind aber eindeutig. Wenn man das Gaspedal betätigt, dann beschleunigt der Motor. Die mathematische Gleichung führt in jedem Falle zu einem eindeutigen, immer gleichen Ergebnis.

Komplexe Systeme verhalten sich nicht so. Ihr Verhalten kann überraschen. Kleine Eingriffe können verheerende Konsequenzen haben. Komplexe Systeme sind Systeme mit vielen Elementen, meist unterschiedlicher Art, die wechselwirken. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht alle Faktoren bekannt sind, die die Funktion eines komplexen Systems beeinflussen. Komplexe Systeme sind beispielsweise die Natur mit ihren Tieren und Pflanzen. Menschliche Eingriffe können gut gemeint sein, aber zu unvorhersehbaren Konsequenzen und zur Ausrottung einer Spezies führen. Auch unsere Marktwirtschaft ist ein komplexes System, in dem unzählige Marktteilnehmer ständig Entscheidungen treffen, für Dynamik sorgen. Manche Unternehmen reüssieren, andere gehen zugrunde. Eingriffe sind auch hier oftmals delikat und mit unerwartetem Ausgang. Daher der Hinweis: Ein funktionierendes komplexes System nur bestaunen, nicht anfassen!

Dagegen ist ein einfaches System ein System, das aus wenigen Elementen und Beziehungen besteht. Es ist transparent und seine Wirkungsweise ist leicht erkennbar. Eingriffe führen mit größerer Wahrscheinlichkeit zu den gewollten Effekten.

Ein einfaches System darf allerdings auch nicht zu einfach sein, da dann auch seine Funktionsweise eingeschränkt ist. Ein extrem einfaches System braucht kein Management. Ein System muss hinreichend komplex sein, um notwendige und lebenswichtige Funktionen aufzuweisen. Es muss sich weiter entwickeln können und mit Umwelteinflüssen zurechtkommen, diese möglicherweise für sich nutzen. Es braucht ein gewisses Maß an Varianz und muss gleichzeitig noch beherrschbar sein.

Management und Komplexität

Was ist Management? Management ist die Verwandlung von Ressourcen in Ergebnisse.

Diese Definition drückt aus, dass es um Wirksamkeit geht. Es geht nicht darum, viel und „hart“ zu arbeiten. Wir transformieren in Organisationen aller Art Arbeit, Kapital sowie – heute ganz besonders – Wissen in Ergebnisse. Diese Ergebnisse bestehen darin, vor allem für den Kunden eine bestimmte Leistung zu erbringen, ein neues Produkt zu entwickeln oder einfach nur produktiv oder profitabel zu sein.

Hierbei ist der Umgang mit Komplexität die größte Herausforderung für Manager in der heutigen sich schnell wandelnden Welt und in extrem volatilen Märkten. Es geht im Management heute mehr als früher um den Umgang mit Ungewissheit, um Entscheidungen unter extremem Informationsmangel.

Alles das, was unsere Organisationen hervorbringen, ob gewollt oder ungewollt, ist Ergebnis unserer Handlungen und Entscheidungen. Und die Komplexität, mit der wir es in den meisten Fällen zu tun haben, sorgt dafür, dass oft etwas anderes dabei herauskommt als geplant. Wir können den Manager vergleichen mit einem Reiter, der sein Pferd (sein Unternehmen, seine Abteilung) beherrschen muss, das viel größer und stärker ist als er selbst. Und dieses Pferd muss nicht nur in die von ihm vorgegebenen Richtung laufen, sondern auch noch Hindernisse und andere Widrigkeiten überwinden.

Manager müssen sich heute stärker als früher mit Komplexität auskennen.